Integrationskurse: Gründe, Ziele und Struktur

Gespräche zwischen dem IDS und dem Goethe-Institut Mannheim führten im Jahr 2015 zu der Idee, in Integrationskursen (IK) eine Erhebung zum Vergleich von sprachlichen Hintergründen von Geflüchteten und anderen Zugewanderten durchzuführen. Die IKs eignen sich für ein solches Unterfangen auf Grund der relativ kontrollierten Umgebung und der Erreichbarkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die IKs sind außerdem eine Durchgangsstation für die meisten Zugewanderten und Asylsuchenden, die auf Dauer in Deutschland bleiben wollen und die eine konkrete Aussicht auf Integration in den Arbeitsmarkt haben. Des Weiteren stehen die IKs für eine migrationspolitische Wende in Deutschland im Hinblick auf den Umgang mit Zuwanderung. Angesichts der großen Fluchtmigration von 2015 steht dieser Ansatz auf dem Prüfstand. Inwiefern sich die IKs für die Integration höchst unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen mit sehr verschiedenen Biografien eignet, ist eine offene Frage.

Die Integrationskurse blickten im Jahr 2015  bereits auf eine 10-jährige Laufzeit zurück. Sie wurden in Deutschland im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes  vom 1. Januar 2005 eingeführt. Der Gesetzestext findet sich in § 43 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes (Originaltext hier). Darin wird festgehalten, 

(1) dass die Integration von Zuwanderern "in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben...gefördert und gefordert" werden soll.

(2) dass Integrationskurse als Maßnahme dieses Ziel unterstützen sollen. Im Kurs sollen Spracherwerb, Rechtsordnung, Kultur und Geschichtswissen wesentliche Schwerpunkte bilden. Zuwanderer sollen letztlich "in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig handeln können".

(3) dass in zwei Sprachkursen (Basis- und Aufbaukurs) "ausreichende" Sprachkenntnisse erworben werden sollen. Ein darauffolgender Orientierungskurs soll Kenntnisse zur Rechtsordnung, Kultur und Geschichte vermitteln. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist für die Koordination zuständig. Die Durchführung geschieht mit Hilfe privater oder öffentlicher Träger (z. B. Volkshochschulen, Goethe Institute, etc.). Je nach Leistungsfähigkeit der Teilnehmenden wird auch ein Unkostenbeitrag erhoben.

(4) dass die Bundesregierung nähere Einzelheiten zu Kursstruktur, Durchführung und Inhalten und das Bundesministerium des Innern die Prüfungs- und Nachweismodalitäten der Abschlusstests regeln kann.

Ein Überblick über den Ablauf des Integrationskurses findet sich in dieser Grafik des BAMF. Der Sprachkurs macht 600 Unterrichtseinheiten (UE) aus, der Orientierungskurs 100 UE. Es fallen also über 85 % des Unterrichtes auf den Spracherwerb, wobei Aspekte zum Leben in Deutschland auch während des Sprachunterrichtes vermittelt werden. Der Sprachunterricht ist gegliedert in einen Basiskurs und einen Aufbaukurs von je drei Modulen (a 100 UE). Ziel des Sprachkurses ist das Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER), der hier näher beschrieben wird. Der "Deutsch-Test für Zuwanderer" (DTZ) bildet den Abschlusstest des Kurses. Bei nichtbestandenem Test können weitere 300 UE beantragt werden. 

Für Personen mit besonderen Bedürfnissen, werden auch spezielle IKs angeboten. Derzeit gibt es neben den regulären (allgemeinen) Kursen auch Kurse mit 1000 UE für Jugendliche, für Sprachlernende mit Kindern, für Zweitschriftlernende und für Analphabeten. Für Schnelllernende werden Kurse mit 430 Einheiten angeboten. Die IDS-Goethe Erhebung in den IKs fand ausschließlich in allgemeinen Integrationskursen in Modul 1/2 (zu Beginn des Kurses) und in Modul 6 (am Ende des Kurses) statt.

Die offizielle Website des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bietet noch genauere Informationen zum Integrationskurs. Hier wird auch der Bezug zu unserem Projekt "Deutsch im Beruf" deutlich. Unter "Inhalt und Ablauf" des IK heißt es:

"Im Sprachkurs werden wichtige Themen aus dem alltäglichen Leben behandelt, zum Beispiel:

  • Arbeit und Beruf
  • Aus- und Weiterbildung
  • Betreuung und Erziehung von Kindern
  • Einkaufen/Handel/Konsum
  • Freizeit und soziale Kontakte
  • Gesundheit und Hygiene/menschlicher Körper
  • Medien und Mediennutzung
  • Wohnen.

Außerdem lernen Sie, auf Deutsch Briefe und E-Mails zu schreiben, Formulare auszufüllen, zu telefonieren oder sich auf eine Arbeitsstelle zu bewerben."

Berufs- und ausbildungsbezogene Spracherwerbsziele werden im Rahmencurriculum des IK vom März 2017 weiter ausformuliert. Drei von zwölf Lernzielen beschäftigen sich mit den Bereichen "Arbeit", "Arbeitssuche" sowie "Aus- und Weiterbildung". Auf den Seiten 80 bis 106 des Rahmencurriculums werden die Fähigkeiten beschrieben, die auf den jeweiligen Sprachniveaus des GER (Niveau A1 bis Niveau B1) erreicht werden sollen.