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Broschüre zur zweiten Erhebung: Cindark, Ibrahim/Deppermann, Arnulf/Hünlich, David/Lang, Christian/Perlmann-Balme, Michaela/Schöningh, Ingo (2019): Perspektive Beruf. Mündliche Kompetenz von Teilnehmenden an Integrationskursen und Vorschläge für die Praxis. Leibniz-Institut für Deutsche Sprache: Mannheim.

1) Kurzbeschreibung

2) Aufgabenstellung

3) Zusammenfassung der Ergebnisse

1. Kurzbeschreibung

Für die zweite Erhebungswelle wurden die Kursteilnehmer/innen am Ende des Integrationskurses in Modul 6 interviewt. Die Erhebung fand in 38 allgemeinen Integrationskursen statt, die auch an der ersten Erhebung teilgenommen hatten. Sie wurde von den gleichen Trägern in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen unterstützt.

Das Hauptziel der zweiten Erhebung war die Erstellung eines Korpus' von Tonaufnahmen zur Einstufung des Sprachniveaus der IK Teilnehmenden im Handlungsfeld Arbeitssuche des Rahmencurriculums. Die Aufnahmen wurden per Headset durch ein audiosimuliertes Bewerbungsgespräch bei einer Personalvermittlung erstellt. Diese spezifische Aufgabe gibt zwar keinen Überblick über die gesamte mündliche Kompetenz am Ende des Integrationskurses. Die berufsbezogene Vorstellung stellt jedoch einen der wichtigsten Gesprächsanlässe auf dem Weg in den Arbeitsmarkt dar. Durch die Analyse von Tonaufnahmen kann die IDS-Goethe-Studie erstmals Sprachbeiträge untersuchen, wie sie seit 30 Jahren als Zielvorgabe in diversen Curricula der Sprachförderung für Migrantinnen und Migranten gefordert werden.

Die zweite Erhebungswelle fand auf Deutsch statt. Nur die Einleitung wurde den Teilnehmer/innen in 15 Sprachen zur Verfügung gestellt. Bei den Fragen, die auf die Audioaufnahme folgten, wurde auf eine einfache deutsche Formulierung geachtet. 

Mehrsprachige Mitarbeiter/innen unterstützten auch die zweite Erhebung vor Ort. Es nahmen insgesamt 520 Teilnehmer/innen an der Erhebung teil. Von den Teilnehmenden an der ersten Erhebungswelle, waren nur noch 254 anzutreffen. 266 Teilnehmende waren zwischenzeitlich neu in die Kurse aufgenommen worden. Für diese Teilnehmenden konnten die ausgiebig soziodemografischen und sprachbiografischen Fragen der ersten Erhebungswelle nicht nachgeholt werden. Brauchbare Aufnahmen für die Einstufung bekamen wir von 247 gebliebenen und 255 neuen Teilnehmenden. Unter den 247 gebliebenen Teilnehmenden befanden sich 138 Geflüchtete und 109 andere Migranten.

 

2. Aufgabenstellung

Zur Bestimmung der mündlichen Kompetenz bei berufsbezogener Kommunikation von Teilnehmenden an Integrationskursen im 6. Modul wurden mittels einer tabletgestützten, semidirektionalen Kommunikationsaufgabe Leistungsbeispiele gesammelt und gespeichert. Unser Ziel bestand darin, von Teilnehmenden Selbstdarstellungen ihres beruflichen  Werdegangs  und  ihrer  beruflichen  Ziele  zu  gewinnen. Die Auskünfte sollten realitätsnah sein und genug sprachliches Material hervor- bringen, um eine Einschätzung der sprachlichen Kompetenzstufe zu ermöglichen. Das fiktive Vorstellungsgespräch wurde als Interview bei einer Personalvermittlung eingeführt. Eine Personalvermittlerin und ein Personalvermittler, die mit einem Porträtfoto vorgestellt wurden, stellten abwechselnd je eine Frage zu insgesamt vier Themen:

Frage 1: Vorstellung

Personalberater: Ja, erstmal herzlich willkommen, schön, dass Sie da sind. Mein Name ist Manuel Schmitt, ich arbeite schon viele Jahre als Personalvermittler.

Personalberaterin: Ja und ich bin Anne Meyer. Ich bin auch Personalvermittlerin und Herr Schmitt und ich werden jetzt das Bewerbungsgespräch mit Ihnen führen. Und das Gespräch wird vier Teile haben.

Personalberater: Genau. Wir würden gerne damit anfangen, dass Sie sich kurz vorstellen. Bitte erzählen Sie uns kurz, wer Sie sind und woher Sie kommen.

 

Frage 2: Arbeitsbereich

Personalberaterin: Ja, vielen Dank! Als Nächstes würden wir gerne wissen: Was sind denn Ihre Berufswünsche? Welche Berufe interessieren Sie?

 

Frage 3: Interesse

Personalberater: Vielen Dank! Als Nächstes würden wir gerne wissen: Warum interessieren Sie sich für diese Arbeit?

 

Frage 4: Freizeit und Hobbys

Personalberaterin: Zum Schluss jetzt noch eine persönliche Frage: Was machen Sie denn so gerne in Ihrer Freizeit? Treiben Sie Sport? Machen Sie vielleicht Musik oder tanzen Sie gerne? Oder haben Sie ein besonderes Hobby? Was machen Sie besonders gerne?

3. Zusammenfassung der Ergebnisse

Ein überraschend kleiner Teil der Teilnehmenden erreicht in unserer Untersuchung das B1-Niveau. Von den 247 gebliebenen Teilnehmenden aus der ersten Welle konnten nur 2% eindeutig dem Niveau B1 zugeordnet werden. Von den 255 neuen Teilnehmenden, die sich in den meisten Fällen schon länger in diversen Kursen befanden oder die mit Vorkenntnissen eingestuft wurden, erreichen 8,6% Teilnehmende laut Mehrheit der Jurorenurteile das B1-Niveau. die positivste Interpretation der Ergebnisse ist in der Abbildung unten zu sehen. Danach erreichen höchstens 6,8% der Teilnehmenden das B1-Niveau.

Die besten Voraussetzungen, das A2-Niveau zu erreichen, haben junge Teilnehmende mit starkem Bildungshintergrund und Fremdsprachenerfahrung. Die Voraussetzungen verschlechtern sich je älter die Teilnehmenden sind und je weniger Bildung sie mitbringen. Lange Aufenthaltszeiten in Deutschland wirken sich negativ aus  vermutlich auf Grund des ungesteuerten Spracherwerbs und der einsetzenden Fossilisierung vor dem Kurs. Dieses Ergebnis spiegelt sich in de von uns identifizierten Lernergruppen wider: Die Spätausgewanderten und Unterprivilegierten haben die niedrigsten Chancen im derzeitigen Kursformat das A2-Niveau zu erreichen. 

Bereits heute unterscheiden sich die Verteilungen der Lernergruppen (Cluster) auf die Kurse von Anfang an. Dies ist auf regionale Unterschiede (Stadt vs. Land), aber auch auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Teilnehmenden und die organisatorischen Gestaltungsspielräume der Kursträger zurückzuführen. Aus diesen Gründen sind die Anpassungen des Kurssystems wichtig, die wir in unsere Broschüre vorschlagen.